Wenn die Chemotherapie das Herz angreift

Es ist bekannt, dass Chemotherapien nicht nur Krebszellen attackieren, sondern auch gesundes Gewebe. Zu den unerwünschten Nebenwirkungen können auch Herzschädigungen zählen. In diesem Fall spricht man von „kardiotoxischen“ Therapien.

„Häufig kommt es infolge einer Chemotherapie zu einer Herzinsuffizienz, insbesondere wenn schon eine erhöhte kardiovaskuläre Gefährdung oder eine Herz-Kreislauf-Erkrankung vorliegt“, erläutert der Herzspezialist Dr. Patrick Darb-Esfahani, der am Rüdesheimer Platz in Berlin-Friedenau praktiziert. „Im Kampf gegen den Krebs müssen derartige Risiken oftmals in Kauf genommen werden, wenn es um das Überleben des Patienten geht. Doch natürlich sollte die Therapie kardiologisch bestmöglich absichert werden, um die Auswirkungen zu kontrollieren und zu begrenzen.“

Berüchtigt ist beispielsweise der Wirkstoff Trastuzumab, der unter dem Namen Herceptin verkauft wird. Er dient als Therapiealternative zu den kardiotoxischen Anthrazyklinen, mit denen das Mammakarzinom bekämpft wird und das erwiesenermaßen Herzmuskelerkrankungen begünstigt. Aber auch Herceptin führte in Studien zu auffällig vielen Fällen von Herzinsuffizienz. Im Beipackzettel heißt es: „Die Behandlung mit dem Arzneimittel … kann das Herz beeinträchtigen.“ Und weiter: „Deswegen wird Ihre Herzfunktion vor, während (alle drei Monate) und nach (bis zu zwei bis fünf Jahre) der Behandlung mit dem Arzneimittel überprüft. Wenn bei Ihnen irgendwelche Anzeichen einer Herzschwäche auftreten (eine unzureichende Pumpleistung des Herzens), müssen Sie eventuell die Behandlung mit dem Arzneimittel einstellen.“

Herzmediziner wie der Berliner Darb-Esfahani empfehlen dringend, bei der Planung einer Chemotherapie auch immer das kardiologische Risiko mit zu bedenken. In vielen Fällen – nicht nur bei der Behandlung von Brustkrebs bei Frauen – ist eine vorherige herzmedizinische Statuserhebung sinnvoll. Gegebenenfalls kann im Zuge dessen auch der Blutdruck optimal eingestellt werden, um das Herz-Kreislauf-System robuster gegenüber den Strapazen der Chemotherapie zu machen.

Wesentlich sind – wie schon im Herceptin-Beipackzettel beschrieben – im weiteren Verlauf engmaschige kardiologische Kontrollen. Sie stellen sicher, dass der Patient nach der Chemotherapie auch wirklich gesünder ist als vorher.